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Archiv Eugen GomringerSchweizerisches Literaturarchiv (SLA)Archiv Eugen GomringerSignatur: SLA-EG

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Archiv Eugen GomringerSchweizerisches Literaturarchiv (SLA) ; Archiv Eugen Gomringer

Signatur: SLA-EG


Gomringer, Eugen (1925-) [Bestandsbildner]

1899 bis 2020. - 170 Laufmeter

Konsultation nur im Lesesaal SLA. Einschränkungen vor allem aus urheber- und persönlichkeitsrechtlichen Gründen..

Biographische Angaben: Eugen Gomringer kam am 20. Januar 1925 in Cachuela Esperanza, gelegen im tropischen Tiefland Boliviens, als Sohn eines Schweizers und einer Einheimischen zur Welt und wuchs dann bei seinen Grosseltern in Herrliberg am Zürichsee auf. Von 1944 bis 1952 studierte er Nationalökonomie und Kunstgeschichte in Bern und Rom und war daneben als freier Journalist für die Tageszeitung "Der Bund" tätig. Als junger Student schrieb Gomringer erste Gedichte in romantischer Tradition, ehe er eine ganz neue Inspiration für sich entdeckte: Angeregt von Max Bill und Richard P. Lohse fand er zu einem radikal konkreten Stil und gründete 1953 mit den Berner Künstlern Marcel Wyss und Dieter Roth die Avantgarde-Zeitschrift "Spirale". Im gleichen Jahr folgte die erste, im Rückblick bahnbrechende, Sammlung konkreter Gedichte, die "Konstellationen". Nicht zuletzt dank ihr hat sich Gomringer als vielzitierter "Begründer der Konkreten Poesie" in die Literaturgeschichte der Nachkriegsmoderne einschreiben können. Von 1960 bis 1965 gab er zudem die Buchreihe "konkrete poesie – poesia concreta" heraus. Wenig nach dem Erscheinen der "Konstellationen" erkannte Max Bill Gomringers Talent und Bedeutung und holte ihn 1954 als Sekretär an die Ulmer Hochschule für Gestaltung. Von 1961 bis 1967 leitete der Dichter den Schweizerischen Werkbund, parallel dazu wirkte er tatkräftig an der Organisation der 4. documenta-Ausstellung 1968 in Kassel mit, damals einer der wichtigsten avantgardistischen Kunstausstellungen der Welt. Dabei wählte Gomringer die Schweizer Beiträge aus, darunter Arbeiten von Richard Paul Lohse, Karl Gerstner, Christian Megert und Dieter Roth. In der gleichen Zeit musste sich Gomringer zudem nach Anstellungen umsehen, mit der die brotlose Kunst der Konkreten Poesie irgendwie finanziert werden konnte. Er fand sie in der Warenindustrie: Zunächst wirkte er als "Propagandachef" der Schleifmittelfabrik SIA in Frauenfeld, dann, von 1967 bis 1985, als Kulturbeauftragter des Porzellanriesen Rosenthal AG in Selb im Fichtelgebirge (Oberfranken). Auch textete Gomringer viele Jahre die Werbung der Warenhauskette ABM (Au Bon Marché). Endlich finanzielle Sicherheit brachte eine Professur für Theorie der Ästhetik an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf (1977–1990), gefolgt von einer Anstellung als Honorarprofessor (1991–1998) an der Westsächsischen Hochschule Zwickau (Fakultät Angewandte Kunst Schneeberg). Längst hatte sich Gomringer in der Zwischenzeit einen Namen als hervorragend vernetzter und international gefragter Sammler, Kritiker, Theoretiker und Vermittler bedeutender Konkreter Kunst (u.a. von Josef Albers, Jo Niemeyer, Heinz-Günter Prager und Victor Vasarely) gemacht. Seine umfangreiche Kunstsammlung bildete den Grundstock des 1992 eröffneten Museums für Konkrete Kunst in Ingolstadt. Zur Jahrtausendwende schliesslich gründete er sein eigenes Institut für Konstruktive Kunst und Konkrete Poesie (IKKP) im zur neuen Heimat gewordenen oberfränkischen Rehau, wo er mit seinem Sohn Stefan bis heute Ausstellungen kuratiert und unterschiedlichste Kunstprojekte fördert. Im vergangenen Jahrzehnt fand der Avantgardist Gomringer überraschend zur lyrischen Tradition zurück: Eine grosse Passion seines Lebensabends gilt dem Schreiben von Sonetten, die er mit Vorliebe Freunden, Bekannten und Künstlerkollegen und -kolleginnen widmet. Sein 2008 erschienenes Buch "Eines Sommers Sonette" schliesst mit den Worten: "dir nortrud dank geglückt ist das bezweckte" Mit der Bernerin Clara (Klara) Stöckli, Marianne Heide und der genannten Germanistin Nortrud Ottenhausen (1941–2020) hatte Gomringer bis 1980 sieben Söhne und die Tochter Nora-Eugenie, die heute als erfolgreiche, mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis (2015) ausgezeichnete Lyrikerin wirkt und dem Internationalen Künstlerhaus Villa Concordia in Bamberg als Direktorin vorsteht. Umfang und Inhalt der Dokumente: Das Archiv von Gomringer, das alle wichtigen Schaffensphasen und Lebensstationen des Poeten dokumentiert, gelangte zwischen 2019 und 2023 im Rahmen dreier Transporte ins SLA (Oktober 2019, Oktober 2020 und Mai 2023). Es umfasst u.a. Gedichts- und vereinzelt auch Prosa-Entwürfe, eine Vielzahl an kunsttheoretischen wie kunstkritischen Aufsätzen und Vorträgen, Tage- und Reisebücher, Fotografien-Sammlungen, Geschäftsunterlagen und Buchhaltung, Dokumentationen zu verschiedenen Künstlern und Künstlerinnen sowie deren Werken, Ausstellungen und Buchprojekten, Plakate und vereinzelte Kunstgemälde sowie eine gewaltige Briefsammlung, die rund dreitausend verschiedene Korrespondenzpartner und -partnerinnen umfasst. In Gomringers Archiv finden sich ausserdem die vollständige Dokumentation seiner Einzelpublikationen zur Konkreten Poesie und Konstruktiven Kunst sowie Teile seiner nach Themengebieten geordneten Bibliothek, darunter Abteilungen zu experimenteller Kunst aus der ganzen Welt, Bauhaus, Gedicht-Anthologien, Design-Katalogen, Farbtheorie, Philosophie und viele mehr. Zusätzlich zu diesem Kernbestand konnte das SLA 2019 eine umfassende Autografen- und Korrespondenzsammlung aus dem Besitz des Luzerner Germanisten und Antiquars Daniel Segmüller und dessen Frau Ruth Seiler erwerben, die im Besonderen Textvorlagen zur Bandreihe "zur sache der konkreten", Aufsätze zu Josef Albers und Briefe aus den Fünfzigerjahren umfasst. Im Herbst 2024 gelangte noch eine vierte Lieferung ans SLA, die vor allem Beleg-, Hand- und Widmungsexemplare Gomringers umfasst, dazu Korrespondenz aus der jüngsten Vergangenheit, das digitale Archiv von Nortrud Gomringer und anderes. Dieser Teil wird voraussichtlich 2026/2027 erschlossen.

https://www.helveticarchives.ch/archivplansuche.aspx?ID=1345335 (Bestandsbeschreibung in HelveticArchives)

Erwerbung: Ankauf 2018

Bevorzugte Zitierweise: Schweizerisches Literaturarchiv (SLA): Archiv Eugen Gomringer

CH-000015-0-1345335, http://kalliope-verbund.info/CH-000015-0-1345335

Erfassung: 2019-01-28 ; Modifikation: 2024-11-29 ; Synchronisierungsdatum: 2024-12-20