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Brief von Max Bruch an Ernst RudorffMusikwissenschaftliches Institut KölnMax-Bruch-ArchivSignatur: Br. Korr. 154, 313

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Brief von Max Bruch an Ernst RudorffMusikwissenschaftliches Institut Köln ; Max-Bruch-Archiv

Signatur: Br. Korr. 154, 313


Bruch, Max (1838-1920) [Verfasser],Rudorff, Ernst (1840-1916) [Adressat]

13.02.1911. - 8 Seiten, Deutsch. - Brief

Inhaltsangabe: Transkription:Ich freue mich zu hören, daß Du sogar Abends der Auff. beiwohnen konntest und mit Schattschneider zufrieden warst. Da er im Concert alles genau genau nach Deinen Instruktionen genommen hat, u. das Philh. Orchester vortrefflich ist, so war gewiß die Totalwirkung eine ausgezeichnete, und demgemäß auch die Aufnahme eine sehr gute. Was das Federvieh gesagt hat, weiß ich noch nicht, denn ich lese sehr wenig. Ist das Wetter gar zu abscheulich, so nehme ich mir Freitag, den 17. Febr. einen geschlossenen Wagen und fahre zur Generalprobe Nachmittags zur Hochschule. Denn am 18. Abends, zur Auff., werde ich schwerlich kommen können! – Könnte man nur dem Schattschneider helfen; er ist ein so tüchtiger Mensch und verdient so sehr einen größeren u. schöneren Wirkungskreis. Jeder, der von Bromberg kommt, lobt ihn rückhaltlos, aber er ist jetzt fast lahmgelegt durch die Bosheit u. den Neid in der Militär-Musik..., sie verweigern ihm einfach ihre Capellen, - die Vorgesetzten kümmern sich nicht um diese Privatsachen, und lehnen achselzuckend jede Intervention zu Gunsten von Sch. ab – so daß dieser in der That nichts mehr machen kann. Ich habe alles gethan, was ich konnte, ihm in Görlitz, Barmen, u. s .w. empfohlen – aber leider stets ohne Erfolg. Jetzt hat er sich in Lübeck gemeldet,und concurrirt dort u. A. mit meinem Sohn, (dem Hamburger)!! Da aber nicht weniger als 65 kühne Ritter auf behenden Rossen gen Lübeck gesprengt sind, so werden beide durchfallen, und müssen weiter suchen. Die Ueberfüllung ist bei uns auch auf diesem Gebiet zu groß – der Tüchtige ist daher geradezu geöthigt, jetzt mehr an’s Ausland (Amerika etc.) zu denken! Das Wessobrunner Gebet habe ich in dankbarer Würdigung 40-jähriger freundschaftlicher Beziehungen, dem Städt. Ges.verein in Bonn zugeeignet, und dort war auch am 17. Novb. 1910 die I. Auff. unter Grüters, dem folgten Gotha, ein paar sächsische Städte etc. Aber mit Sturmesflügeln, wie in der Jugend (wo z. B. Schön Ellen im ersten Winter nach dem Erscheinen gleich in 27 Städten aufgef. wurde!) geht es jetzt nicht mehr. Denn die launische Glücksgöttin lächelt nur der Jugend und kümmert sich nicht um’s Alter, selbst wenn es Producte reiferer Weisheit hinstellt. Ziemlich gut vorwärts kommt die Osterkantate – aber ein Mensch wie Nikisch z. B. denkt gar nicht daran sie ins Gewandhaus zu bringen, weil er mich grundsätzlich – boycottirt. Die Waschlapski’s und Protzer seines Comité’s sehen ruhig zu, und lassen alles geschehen, ohne einen Finger zu rühren. Dagegen erlebe ich im Ausland überall viel Gutes und Erfreuliches. In Deutschland ist eben die Schw-rei (zart ausgedrückt!) zu groß. Ein unbegreiflich scheußliches Machwerk soll wieder das neue Klavierconcert des Bierlümmels Reger sein. Er ist ausgezischt worden – aber Frau Kwast-Hodap [sic!], die es spielte, schwärmt dafür! Regers Viol.-Concert wagt selbst Marteau nicht mehr zu bringen! – Kretzschmar soll das Requiem von Brahms sehr mittelmäßig dirigirt haben, (die linke Hand gewöhnlich in der Hosentasche.) Ganz außer sich war Hess s. Z. über Kretzsch.‘s Vorführung der Anacreont. Ouvertüre. Das wunderschöne lange p und pp am Anfang hat er durch eine Menge von ( und ) geradezu verhunzt! Aehnlich hat er im vorigen Jahr das Mozart’sche Requiem u. das Halleluja a. d. Messias behandelt, resp. mißhandelt. Hess macht sich vortrefflich – auch das Orchester hängt sehr an ihm. – Herzlichst Dein M.B.

Bemerkung: Max Bruch

Objekteigenschaften: Handschrift

Pfad: Max-Bruch-Archiv / Korrespondenz

DE-611-HS-4307210, http://kalliope-verbund.info/DE-611-HS-4307210

Erfassung: 4. Dezember 2025 ; Modifikation: 4. Dezember 2025 ; Synchronisierungsdatum: 2025-12-04T15:08:04+01:00