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Brief von Max Bruch an Ernst RudorffMusikwissenschaftliches Institut KölnMax-Bruch-ArchivSignatur: Br. Korr. 154, 311

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Brief von Max Bruch an Ernst RudorffMusikwissenschaftliches Institut Köln ; Max-Bruch-Archiv

Signatur: Br. Korr. 154, 311


Bruch, Max (1838-1920) [Verfasser],Rudorff, Ernst (1840-1916) [Adressat]

31.01.1911. - 8 Seiten, Deutsch. - Brief

Inhaltsangabe: Transkription:Gleichzeitig mit Deinen l. Zeilen erhielt ich heute Morgen von Simrock’s die Part. Deiner Sinfonie „für meine Bibliothek“. Ich danke Dir sehr, und brauche Dir nicht zu sagen, daß es mir eine rechte Freude sein wird, mich in nächster Zeit mit diesem Werk vertraut zu machen. Sage mir doch gelegentlich, wann Du sie eigentlich geschrieben hast, und ob in den letzten Jahren noch viel daran geschehen ist, oder nicht. Gestern las ich mit Vergnügen, daß der M.-D. Schattschneider aus Bromberg (ein alter Meisterschüler von mir) die Sinfonie demnächst in seinem Concert (Singakademie) aufführt. Ich glaube, sie ist da in guten Händen, denn Sch. ist ein sehr talentvoller, umsichtiger, einsichtiger und erfahrener Dirigent und wird daher das Werk sicherlich völlig zur Geltung bringen. Bei Homer tauschen die Helden zum Zeichen ihrer Sympathie und Freundschaft Waffen und Rüstungen aus; wir Männer des Friedens können nur Werke austauschen. Nimm also für die Sinfonie mein „Wessobrunner Gebet“ freundlich von mir an. Die wundervolle tiefsinnige Dichtung, das älteste deutsche Sprachdenkmal, (welches auf Vorstellungen aus der „Edda“ zurückgeht – der herrlichste Ausdruck der monotheistischen Weltanschauung – ich sage also, diese gewaltige und ergreifende Dichtung beschäftigte mich schon 1862 (vor beinahe 50 Jahren!) in Mannheim, in der Zeit zwischen Loreley und Frithjof – als ich u. A. den „Gesang der h. drei Könige, den Römischen Triumphgesang u. A. m. schrieb. Ich machte aber nur ein kurzes Stück von einigen 40 Takten für Männerchor mit Begl. von wenigen Blasinstr. Daraus, - es erschien als op. 19, Heft II, No. 1, wurde aber neben den Triumphgesang, Salamis etc. nur wenig beachtet. Als ich es nun nach vielen Jahren 1909 zufällig wieder ansah, hatte ich den Eindruck daß hier gute u. höchst brauchbare thematische Keime nicht zur gehörigen Entfaltung gekommen seien und daß, abgesehen hiervon, die Größe der dichterischen Vorstellungen auch in der Musik größere Mittel verlangen. Das I. Thema: „Das erfuhr ich unter den Menschen als der Wunder größtes“ ließ mir keine Ruhe mehr, und so schrieb ich dann im Sommer 1909, theils auf meinem alten Igler Hof bei Berg. Gladbach, theils in Oberhof i. Th. dies neue Wessobr. Gebet. Dies ist in Kürze die Genesis der Sache. Umarbeitungen nach Jahren sind im Ganzen nicht empfehlenswerth und gelingen selten; aber Brahms hat doch m. E. sein Horn-Trio op. 5 [sic!] durch die Umarbeitung wesentlich verbessert; und ich glaube, auch das Wessobr. Gebet ist erst jetzt, durch die völlige Umformung, das geworden, was es werden konnte. Möge es dir sympathisch sein! – Gernsheim macht Freudensprünge. Er thut so, als sei er sehr überrascht, aber an der Sache ist natürlich in Paris von einflußreichen Juden seit Jahren gearbeitet worden. – Kretzschmar fährt fort Thorheiten aller Art zu machen; ich hätte es nicht mehr 14 Tage mit diesem gesinnungslosen Menschen ausgehalten. Am 1. April sinke ich nun definitv „in mein Nichts“ zurück. Der Geh. Rath Schmidt hat m. Pensionsverhältnisse höchst anständig geordnet. Aber ich fürchte, er beruft Herrn Reger!!! – Mir geht es leidlich, aber ich denke doch, daß ich am 1. Mai nach Wildungen gehe. Auch Du scheinst Dich ja jetzt, Gott s. D., ziemlich wohl zu fühlen. Immer Dein getr. M.B.

Bemerkung: Max Bruch

Objekteigenschaften: Handschrift

Pfad: Max-Bruch-Archiv / Korrespondenz

DE-611-HS-4307200, http://kalliope-verbund.info/DE-611-HS-4307200

Erfassung: 4. Dezember 2025 ; Modifikation: 4. Dezember 2025 ; Synchronisierungsdatum: 2025-12-04T14:33:33+01:00