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Brief von Otto Pfleiderer an UnbekanntUniversitätsbibliothek (Berlin, Humboldt-Universität)Autographensammlung

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Brief von Otto Pfleiderer an UnbekanntUniversitätsbibliothek (Berlin, Humboldt-Universität) ; Autographensammlung


Pfleiderer, Otto (1839-1908) [Verfasser],Unbekannt [Adressat]

[Berlin]-Lichterfelde. - 4 S., 8°, Deutsch. - Brief

Inhaltsangabe: Pfleiderer schreibt: "Ich kann nicht umhin, Ihnen meinen Dank auszudrücken für Ihre freundliche Besprechung meines "Urchristenthums".Daß Sie in wichtigen Punkten mir beistimmen, gereicht mir zur Freude. Was mein Verhältnis zu Harnack betrifft, so sollte es mich freuen, wenn Sie Recht hätten mit der Ansicht, daß ich ihm näher stehe, als ich glaubte.Freilich haben auch Andere, wie z. B. Hilgenfeld, eine bedeutende Distanz darin gefunden, daß sich bei mir alles um Paulus drehe, der bei Harnack ganz zurücktrete.Nehme ich dazu dessen Ansicht vom Joh.-Ev., daß es aus Propheten & Psalmen & geschichtl. Erinnerungen des Lebens Jesu seine genügende Erklärung finde : so mußte ich fast nothwendig zu der - vielleicht irrigen - Meinung kommen, daß auch Harnack wie die ganze Ritschl'sche Schule in dem dogmatischen Bestreben befangen sei, den bibl. Schriftstellern den status integritatis zu vindiciren, um den stat[us] corruptionis erst mit dem gnostischen Sündenfall beginnen zu lassen.Gegen Ihren Vorwurf, daß ich nicht ein Lebensbild Jesu vorausgestellt habe, wäre vieles zu sagen. Ich könnte zu meiner Rechtfertigung einfach auf den Titel meines Buches verweisen, nach welchem ich eben eine Gesch. der Literatur & Theologie des Urchristenth[um]s geben wollte, in welche die [...] Persönlichk[ei]t Jesu sowenig wie die der Apostel gehörte.Aber ich hatte noch tiefere Gründe zu meiner Unterlassung. Die Zuversicht, beim heutigen Stand der Evangelienkritik ein geschichtl. gesichertes Bild der Person Jesu geben zu können, muß ich umso mehr beneiden, je weniger ich sie theilen kann.;So wie die Dinge hinsichtlich unserer Quellenkenntnis liegen, scheint mir eine wirklich geschichtl. Darstell[un]g des Stifters unserer Religion nicht sowohl das gesicherte Fundament der Geschichtsforschung, als vielmehr das stets nur approximativ erreichbare Endziel einer sehr komplicirten Reihe von kritischen Operationen & hypothetischen Schlußfolgerungen zu sein, welche auch im besten Fall nicht auf allgemeine Anerkenn[un]g zu rechnen haben werden.Was man herkömml. Weise als den "geschichtl. Jesus" bezeichnet, ist zunächst doch [...] mehr ein dogmatisch konstruirtes Idealbild, das man für Geschichte ausgibt, wie die Väter von Nicäa es mit ihrem Christus ja ebenso thaten.Mein geschichtliches Gewissen ist aber unerbittlich empfindlich gegen alle dogmatischen Subreptionen, ja ich halte die feineren noch für gefährlicher als die groben.Daß ich damit heute ziemlich isoliert stehe, weiß ich wohl, denn wir haben ein Zeitalter der dogmat[ischen] Restauration, nicht der freien Geschichtsforsch[un]g.

Harnack, Adolf von (1851-1930) [[Genannt] [nicht dokumentiert]],Hilgenfeld, Adolf (1823-1907) [[Genannt] [nicht dokumentiert]],Ritschl, Albrecht (1822-1889) [[Genannt] [nicht dokumentiert]]

Ausreifungsgrad: handschriftlicher Brief mit Unterschrift

Erwerbungsgeschichte:Erwerbung:Kotte Autographs, Thomas Kotte, Jurastraße 16, 70565 Stuttgart; 2018

Pfad: Autographensammlung

[2018.011 (Inventarnummer)]

DE-611-HS-3668872, http://kalliope-verbund.info/DE-611-HS-3668872

Erfassung: 8. Januar 2019 ; Modifikation: 5. Februar 2025 ; Synchronisierungsdatum: 2025-05-22T17:56:45+01:00