Detailinformationen
Stammbuch des Theodor Lindner genannt Schnarrenbart Staatsbibliothek Bamberg Stammbücher und Stammbuchblätter der Staatsbibliothek Bamberg Signatur: HV.Msc.576
Stammbuch des Theodor Lindner genannt Schnarrenbart Staatsbibliothek Bamberg ; Stammbücher und Stammbuchblätter der Staatsbibliothek Bamberg
Signatur: HV.Msc.576
Kassel, Marburg, Heidelberg, Stuttgart, Speyer, Würzburg, Kitzingen [ermittelt], Nürnberg, Ansbach, Heilbronn, 1574-1595. - Druckwerk mt 202 Blättern (neu gezählt, da der Druck eigentlich keine Zählung aufweist, inklusive Vor- und Nachsatzblatt) sowie 3 ungezählte (1985 im Druck durch Kopien ergänzte) Blätter; enthält 128 Stammbucheinträge, 13,6 x 10,3 cm, Deutsch Latein Altgriechisch Hebräisch Französisch Tschechisch. - Dokument, Stammbuch
Inhaltsangabe: Im Druckwerk: Bibliorvm Vtrivsqve Testamenti Icones, Svmmo Artificio Expressae, Historias Sacras Ad Vivvm Exhibentes, & oculis summa cum gratia repræsentantes: adeoq́ doctis & venustis Carminibus exornatæ, vt pius Lector verè sacrorum hîc Emblematvm thesaurum possit agnoscere. In omnium, qui pietatis & literarum amantes sunt, gratiam, per candidum Studiosorum fautorem in lucem nunc primùm æditæ, Francofvrti Ad Moenvm, M.D.LXXI. [Frankfurt am Main 1571, VD16 ZV 15463]. 128 Stammbucheinträge aus Kassel, Marburg an der Lahn, Heidelberg, Stuttgart, Speyer, Würzburg, Kitzingen (die Stadt ist nicht als Eintragungsort spezifiziert, aber durch die zahlreichen Einträge dort Ansässiger anzunehmen), Nürnberg, wohl Worms (die Stadt ist nicht als Eintragungsort spezifiziert, aber durch 2 Einträge dort Ansässiger wahrscheinlich), Ansbach, Heilbronn. Albumeinträge missliebig gewordener Bekanntschaften sind, gleichsam in einer 'Damnatio memoriae', ausgestrichen und zum Teil mit Verwünschungen versehen (Blatt 133v: "An mir gehandelt als ein Schelm"; Blatt 147v: "Kostfreier Mahnn"; Blätter 193v und 194v). Von den datierten Einträgen stammen 5 von 1574 und 51 von 1575. Von den herausgetrennnten Blättern trugen mindestens Blatt B6v (zwischen Blatt 13 und 14), C8v (zwischen Blatt 21 und 22) und V2v (zwischen Blatt 149 und 150) weitere Stammbucheinträge, deren Reste noch erkennbar sind. Das Album ist insbesondere als musikgeschichtliche Quelle von Bedeutung. Unter den Einträgern finden sich Hofmusiker aus Stuttgart, Hofmusiker und Kanzleiverwandte aus Würzburg, Geistliche, Schulmeister und Musiker aus Kitzingen, Ratsangehörige, Geistliche und Schulmeister aus Nürnberg sowie Musiker aus weiteren Orten. Den Einträgen beigegebene Tonsätze beziehungsweise Noten: Blatt 7v: eine Komposition Johannes Wesalius in fein gestalteter Abschrift Friedrich Lindners (homophoner Liedsatz, 4-stimmig); Blatt 44v: Leonhardus Lechnerus (2 Widmungskanons, 6-stimmig und 4-stimmig); Blatt 74v-75r: Anonymus (polyphoner Liedsatz, Spruchmotette, Name aus Widmung ausgeschnitten, die Abkürzung "V. A. D." wohl für die Devise); Blatt 80v: Anthonius Munsterus (Münster), Würzburger Hoforganist (polyphoner Liedsatz, Widmungsgedicht, quasi-kanonischer Satz, 2-stimmig); Blatt 96v: Blasius Tribuvetus (Widmungskanon, 4-stimmig); Blatt 98v: Balduin Hoyoul (Widmungskanon, 2-stimmig); Blatt 107v: Anonymus (Widmungskanon ohne Text, 3-stimmig); Blatt 114v-115r: Conradus Hagius (Widmungskanon, 4-stimmig); Blatt 141v: Lucas Starckh ('Solmisationsmotto'); Blatt 188v: Hieronimus Pannack aus Grafenwöhr ('Solmisationsmotto'); Blatt 192v: Michael Scheufler (Widmungskanon, 3-stimmig). Ohne Noten sind die Einträge Blatt 21v: Dietrich Gerlach (einer der maßgebenden Musikdrucker der Zeit); Blatt 97v: Ludovicus Daser (Komponist und württembergischen Hofkapellmeister); Blatt 195v: Paulus Melissus Schede (Humanist, Poeta laureatus und Komponist). Allein 10 Einträge entstanden am Johannistag 1575 bei einer geselligen Runde im Garten des Jodocus Lochner (Blatt 10v, 21v, 25v ["da wir guter Ding waren"], 43v, 44v, 53v, 116v, 124v, 131v, 152v). Lochner, dessen vermutlich seinerzeit gleichfalls beigesteuerter Eintrag jetzt fehlt, war seit 1563 Präfekt des Siechkobels St. Johannis vor den Toren Nürnbergs. Anlaß des Beisammenseins könnte also möglicherweise eine Patroziniumsfeier gewesen sein. Unter den Anwesenden befanden sich fünf Mitglieder der Musikalischen Kränzleinsgesellschaft von 1568: Andreas Bohemus (Behem, ab 1594 der Schwiegervater Lindners), Johannes Ernestus (Ernst), Johannes Molitor (Müllner), Johannes Picartus aus Bamberg, Michael Rauenpusch. Der Gastgeber Lochner gehörte dem bald danach begründeten vornehmeren Musikalischen Ratskränzchen an. [Hierzu: Martin, Uwe: Die Nürnberger Musikgesellschaften, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg, Band 49, (1959) Seite 185-225, besonders Seite 188-194 und 200; Krautwurst, Franz: Zwei Widmungskanons von Leonhard Lechner im Stammbuch des Nürnberger Spitalkantors Theodor Lindner, in: Festschrift Hubert Unverricht zum 65. Geburtstag, Tutzing 1992, Seite 147, Anmerkung 26.] Weiter hervorzuhebende Einträger beziehungsweise Berufsgruppen sind: Blatt 6v: Guilielmus de Oienhausen (Oeynhausen, Deutschordensritter); Blatt 33v: Velten Scheib ("Wirt zum Bern zu Cassel") und Balthasar Gill aus Butzbach ("Stein[-] Bruchschneider Oculist Wundt[-] und Leibartz"); Blatt 100r: Simon Marius (Mathematiker); Blatt 167v: Matheys Vogtt ("Scherer In Haӱdelberg"). Auf Blatt 200 (dort der letzte Bibelholzschnitt) ein hochkant stehender, bloßer Namenseintrag des "Johannes Menzel Laudensis" am äußeren Blattrand, dabei wurde der Rand in einer Breite von etwa 5 mm nach vorn umgeknickt und derart beschrieben, dass beim Zurückklappen der obere Teil der Schriftzeile auf dem Verso, der untere auf dem Recto zu stehen kommt. Biographisches zum Stammbuchhalter: Aus Liegnitz/ Legnica, Sohn des Predigers Michael Lindener, 1561 immatrikuliert in Leipzig ("Lindener"), 1564 immatrikuliert in Wittenberg, 1574 als Tenorist in der (am 22.09.1574 aufgelösten) Ansbacher Hofkapelle bezeugt, 1574-1575 Gesuche um Aufnahme in die Württembergische Hofkapelle zu Stuttgart, seit 1580 (wohl bis 1587) fürstbischöflicher Hofmusicus und Kanzleiverwandter in Würzburg, 1588-1600 Kantor am Heilig-Geist-Spital in Nürnberg, 1601 erfolglose Bewerbung in Stuttgart, 1603 wieder als Würzburgischer Kanzleiverwandter bezeugt, im gleichen Jahr erfolglose Bewerbung in Nürnberg, verheiratet in 2. Ehe am 23.03.1590 in Nürnberg mit Clara Gebhart, in 3. Ehe am 04.12.1594 in Nürnberg mit Clara Behem, Tochter des Rektors der Schule zu St. Lorenz M. Andreas Behem. (Lindner wurde 1599 in Nürnberg "uff den Thurn geschafft", da seine Frau von ihm "übel tractirt unnd geschlagen" wurde, er hat 1600 die im Kindbett liegende Frau heimlich verlassen und 1603 in Würzburg mit Hofbediensteten massive Händel angezettelt). [Quellen: Nürnberg, Landeskirchliches Archiv, Kirchenbuch St. Sebald 1590; Kirchenbuch St. Lorenz 1594; Würzburg, Universitätsbibliothek, M.ch.f.446 (Protokolle der Weltlichen Regierung), Blatt 10r (16.07.1603, dort die Apostrophierung "Schnarrenbarth"); im Stammbuch Blatt 137v: Eintrag vom 22.10.1580 mit Hinweis auf Frau und Kind sowie auf möglicherweise geplantes Überwechseln in Heidelberger Hofdienste; Bossert, Gustav: Die Hofkantorei unter Herzog Ludwig, in: Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte, Neue Folge 9 (1900), Seite 253-291 (hier Seite 274 und 284); Bossert, Gustav: Die Hofkantorei unter Herzog Friedrich 1593-1608, in: Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte, Neue Folge 19 (1910), Seite 317-374 (hier Seite 360); Reuschling, Heinzjürgen: Die Regierung des Hochstifts Würzburg, 1495 - 1642. Zentralbehörden und führende Gruppen eines geistlichen Staates, (Forschungen zur Fränkischen Kirchen- und Theologiegeschichte, 10), Würzburg 1984, Seite 344; Knefelkamp, Ulrich: Das Heilig-Geist-Spital in Nürnberg vom 14.-17. Jahrhundert, Nürnberg 1989, Seite 153-154; Krautwurst, Franz: Zwei Widmungskanons von Leonhard Lechner im Stammbuch des Nürnberger Spitalkantors Theodor Lindner, in: Festschrift Hubert Unverricht zum 65. Geburtstag, Tutzing 1992, besonders Seite 137-139 (dort auch Nachweise der Zusendung von - eigenen oder kopierten? - Vokalkompositionen 1581 an den Rat von Nördlingen, 1585 und 1586 an den Rat von Haßfurt am Main).]Lindner, Theodor [Dokumentiert]
Literaturhinweise: Dengler-Schreiber, Karin: Die Handschriften des Historischen Vereins Bamberg in der Staatsbibliothek Bamberg, Bamberg 1985, Seiten 142-143; Klose, Wolfgang: Corpus Album Amicorum. CAAC. Beschreibendes Verzeichnis der Stammbücher des 16. Jahrhunderts, Stuttgart 1988, Seite 81; Taegert, Werner: Stammbücher und Stammbuchblätter des 16. Jahrhunderts in der Staatsbibliothek Bamberg, in: Klose, Wolfgang (Herausgeber): Stammbücher des 16. Jahrhunderts, Wolfenbüttel 1989, Seite 157-170 (hier Seite 167, Nummer 9); Krautwurst, Franz: Zwei Widmungskanons von Leonhard Lechner im Stammbuch des Nürnberger Spitalkantors Theodor Lindner, in: Festschrift Hubert Unverricht zum 65. Geburtstag, Tutzing 1992, Seite 137-148; Taegert, Werner: Edler Schatz holden Erinnerns. Bilder in Stammbüchern der Staatsbibliothek Bamberg aus vier Jahrhunderten, Bamberg 1995, Seite 33 und 40.
https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bvb:22-hv.msc.576-9 (Digitalisat) https://gateway-bayern.de/BV050313824 (Bayerischer Verbundkatalog) https://gateway-bayern.de/BV012819401 (Bayerischer Verbundkatalog (Druckwerk)) https://raa.gf-franken.de/de/suche-nach-stammbuechern.html?permaLink=1574_lindner (RAA-Datenbank)
Bemerkung: Theodoro Lindnero Musico; Theodoro Lyndnero Silesio (Blatt 147v); Theodoro Lindnero Hochberȗmbten Mȗsico (Blatt 148v); Theodore lindner Sonnst Schnarrenbart genandt (Blatt 161v), Theodoro Lindtnern vonn der Lignicz als einem berúmpten Musico (Blatt 178v)
Illustrationen: Im Druckwerk zahlreiche Holzschnitte von Jost Amman, davon teilweise koloriert diejenigen auf Blatt 3v (Wappen Johann Fischarts, jedoch nicht das erst um 1580 entstandenen Wappen mit einem Delphin [vgl. Seelbach, Ulrich/ Mensger, Ariane: Das Wappen des Juristen und Dichters Johann Fischart. Zu einem Neufund in Karlsruhe, in: Daphnis, Band 41 (2012), Seite 111-130], sondern in silbernem Feld eine rote Kugel, begleitet von drei [2:1] goldenen Löwenköpfen, auf dem goldenen, gekrönten Kolbenturnierhelm mit Helmdecke nochmals die rote Kugel zwischen einem [offenen] silbernen Flug, beiderseits mit einem sechszackigen, roten Stern belegt) und 8r (Kain erschlägt Abel); Blatt 8r: teilkolorierte Federzeichnung in Schildform mit Marke und Monogramm "F. L." für Friedrich Lindner (Bruder Theodor Lindners); Blatt 13v: Federzeichnung eines wohl für Theodor Lindner stehenden redenden Wappens (Zweig mit drei Lindenblättern, Oberwappen aus Stechhelm mit Helmdecke und Wulst, als Helmzier ein Lindenzweig mit drei Blättern), bezeichnet "Melchior Atzel fecit"; Blatt 83v: Federzeichnung eines kleinen Vogels; Blatt 133v: Federzeichnung von vier Objekten (ein Turm, ein Gefäß, eine Maus und ?); Blatt 153v: Federzeichnung eines Wals (zum Holzschnitt Blatt 154r mit der Jonas-Geschichte); Blatt 167v: Federzeichnung des Wappens des Matheys Vogtt (zu- und abnehmende Mondsichel unter achtzackigem Stern, darunter ligiertes Monogramm "M V"), über dem Schild Memento-mori-Collage aus Sanduhr, Totengebein und Schädel mit Kröte; Blatt 191v: Federzeichnung des Wappens Quirinus Hoffman (Balken begleitet von drei [2:1] Lilien); Blatt 196v: Federzeichnung eines Narrenkopfs, darüber: "Stultor[um] plena sunt omnia". Einbandbeschreibung: Pergamenteinband des 19. Jahrhunderts mit Teil einer Erbschaftsurkunde über einen Hof und einen Hans Peulich von 1562 (darin: "[...] vnd seins Erbe, aŭch jerlich aŭßricht[en] [...] vier frontag mit dem Pflŭg, Dreӱ [...] obŭergriffner Peŭlich vnd [...] hoffs mit seiner Ein vnd Zŭgehorung [...] alßdan soll Ich vnd mein Erben [...] Hirraŭff mir Obŭermelter Hans [...]ing Peu[lich] genandt fŭr sich als sein erben vnd [...] gebŭrt im fŭnfftzehenhŭndertn zwӱvndsechtzigsten Jarenn"). Erhaltungszustand: Fehlbestand im Druck (nach Lagenzählung) Blätter A1, B6-B7, C8, P7, V2, c7-c8, davon 1985 durch Kopien aus 22/Art.o.17-b die Blätter A1 und c7-c8 ergänzt; Ausriss Blatt 43 und Ausschnitt Blatt 75 (jeweils mit Textverlust) alt ergänzt.
Erwerbungsgeschichte: Provenienz: Samuel Feldheim, bis 1863. - Bamberg, Historischer Verein, 1863.
Objekteigenschaften: HandschriftPfad: Stammbücher und Stammbuchblätter der Staatsbibliothek Bamberg
DE-611-HS-3729967, http://kalliope-verbund.info/DE-611-HS-3729967
Erfassung: 26. Mai 2021 ; Modifikation: 12. Juni 2025 ; Synchronisierungsdatum: 2025-06-12T12:07:23+01:00