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BriefStadtgeschichtliches Museum Leipzig ; Sammlung Autographe Stadtgeschichtliches Museum <Leipzig>

Signatur: A/50/2003


Brief, Handschrift

Inhaltsangabe: Verehrtester Herr Doktor! Anbei beehre ich mich Ihnen eine Ansichtskarte vom "Sommertheater in Gerhard´s Garten 1852" vorzulegen, die vielleicht für Ihren Leipziger Messfilm zu verwerten wäre. Denn die zu sehenden Stutzer von damals waren doch größtenteils Messfremde, die zur Michaelis-Messe sich dort im Freien amüsierten.(?) Meine Schwester und ich können uns noch recht gut erinnern, daß in unserer Kindheit auf dieser offenen Bühne ein alter, bekannter Zwerg zur Gitarre das Spottlied auf die damalige Französelei sang (mit quäkender Stimme): " So´n bischen Französisch, das macht sich doch wunderschön, Très - aimable, Halt den Schnabel! Schnaddaradäy!". Ich hatte letzten Freitag, kaum zurück von dem Erho- lungs-Aufenthalt auf Schloß Eyba, das Pech, daß mir meine lederne Aktenmappe, die u.a. ca. 50 Bildkarten v. Gerhards Garten 8 Sorten enthielt, gestohlen wurde, als ich mich vor dem wolkenbruchartigen Regen aus dem Rosenthal ins Matthäser Bräu flüchten mußte.Sollte dem Stadtmuseum diese Sammlung vom Dieb etwa angeboten werden, so wollen Sie ihn festnehmen lassen. Deshalb bitte ich Sie auch höflichst, falls die Anlage für den Film nicht zu verwerten, sie mir zurückzusenden, den im Handel wird sie kaum noch aufzutreiben sein. Restauriert aus ging später das Dr. Heine'sche Dampfschiff ab. Ich kann mich noch erinnern, den weitblickenden tatkräftigen Mann in seinen hohen Stiefeln in dem, von ihm geschaffenen Kanal stehen gesehen zu haben, wie er zur Anfeuerungder Arbeiter selbst mit einer Radehacke den festen Lehmboden aufhackte. Der Kanal mündet hinter der jetzigen Nummer 1 der Lessingstraße am Fleischerplatz (die Vermauerung ist noch deutlich sichtbar) und verband Elster und Pleiße. Unsere hochweisen Stadtväter aber glaubten, die Eisenbahn hätten Kanäle unnötig, ließen bei den Uferbauten den mit großen Kosten von D. Heine hergestellten Kanal wieder schön zuwerfen und "verkloppten" das so gewonnene Areal an die Anlieger für billiges Geld!Und nun, da sich zwischen Merseburg und Leipzig große Kohlenfelder erwiesen, hätte mit Hilfe des Heine Kanals am Fleischerplatz ein großer Kohlen- hafen entstehen können, von dem verarmten Leipziger billiges Brennmaterial hätten beziehen können. In St.Petersburg sah ich mehrere solche Kanäle, die der weise Peter der Große bis in seine Stadt hineinführen ließ, um große Mengen Holz zur Winterfeuerung ausden unerschöpflichen Wäldern für die Bewohner darauf hereinzuschaffen.Und wäre für uns der Kanal 1914/18 nicht auch zum größten Segen geworden, wenn uns darauf Gemüse und Getreide aus der Umgegend eingeführt wurden? Das Gleiche gilt vom "Flossgraben" und "Flossplatz"! Vom Heine Kanal ist an der Thomasiusstraße noch ein unbebautes Stück übrig geblieben. Vielleicht soll das einmal später ein Stadthafen werden?! Raimund Gerhard

Heine, Karl [Erwähnt]

https://www.stadtmuseum.leipzig.de/document/objekt/A0004896 (Digitalisat)

Pfad: Sammlung Autographe Stadtgeschichtliches Museum <Leipzig>

DE-MUS-853418-A0004896, http://kalliope-verbund.info/DE-MUS-853418-A0004896

Erfassung: 22.08.2012 ; Synchronisierungsdatum: 2024-02-09T07:24:22+01:00